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August 2009

NBIA – Die Einsamkeit der Patienten mit sehr seltenen Krankheiten


Die Mutter eines Kindes mit NBIA berichtet

Dietmar and his family | Dietmar et sa famille | Dietmar y familia |  Dietmar e famiglia |Dietmar e família | Dietmar und Familie „Sechs quälende Jahre mußten mein Mann und ich warten, bis wir endlich die richtige Diagnose für unseren Sohn, Dietmar, erhielten. Jetzt ist er 16 Jahre alt,“ sagt Angelika. „Mit fünf Jahren hatte sich bei Dietmar eine Bewegungsstörung entwickelt, er hatte Probleme mit dem Gleichgewicht und der Feinmotorik. Damals sagten uns die Ärzte, es sei ein ADHD-Syndrom mit verminderter Aufmerksamkeit und Hyperaktivität. Aber diese Diagnose paßte überhaupt nicht. Einige Ärzte meinten sogar, es handele sich um ein psychologisches Problem. Wir wußten nicht, was wir davon halten sollten. Als Dietmar 10 Jahre alt war, fügte er sich mit seinen Stürzen so viele Verletzungen zu, daß wir den Arzt baten, eine Hirnuntersuchung zu machen.“ Endlich, im Oktober 2001 nach einer Untersuchung mit Magnetresonanz (MRI), wurde bei Dietmar die Diagnose ‚Neurodegeneration mit Eisenspeicherung im Gehirn‘ (NBIA) gestellt. Früher wurde NBIA als Hallervorden-Spatz-Syndrom bezeichnet. Bei dieser Krankheit handelt es sich um eine sehr seltene und erbliche neurologische Bewegungsstörung mit fortschreitendem Abbau von Nervengewebe. Die Häufigkeit wird auf 1-3 pro 1 Million geschätzt.

Dietmar Klucken „Noch nie zuvor hatten wir von NBIA gehört, geschweige denn von seltenen Krankheiten. Ein Freund von uns forschte etwas im Internet und druckte einige Daten aus, die er durch die amerikanische NBIA Disorders Association erhalten hatte. In Europa konnten wir nichts Vergleichbares finden. So wendeten wir uns an Wissenschaftler in Oregon und an Familien in den USA. Diese antworteten schnell und gaben uns moralische Unterstützung. Im Mai 2002 nahm ich in Indianapolis an der Zweiten Familienkonferenz der amerikanischen NBIA-Assoziation teil. Auf der Konferenz sah ich so viele Kinder, die nicht sprechen oder nicht allein gehen oder essen konnten. Das machte mich sehr traurig. Aber immerhin waren wir doch glücklich, daß Dietmar immer noch um das Haus herumstreifen konnte.“ Zurück in Velbert bei Düsseldorf nahm Angelika Kontakt mit dem Kindernetzwerk auf und dank dessen Datenbank konnte sie zwei deutsche Familien mit NBIA kennenlernen. Mit Hilfe einiger Angehöriger und Freunde gründete sie dann im November 2002 für Patienten mit NBIA den Verband Hoffnungsbaum. Jetzt, vier Jahre später, zählt Hoffnungsbaum schon 40 Mitglieder und repräsentiert 14 Familien mit NBIA. „Wir glauben, daß es in Deutschland etwa 30 Patienten mit NBIA gibt, wenn nicht sogar mehr, genau weiß es aber niemand. Die Krankheit ist so selten, daß man nur schwer Kontakt zu anderen Betroffenen findet. Deshalb brauchen wir ein Patientenregister“, sagt Angelika.

Dietmar Klucken Hoffnungsbaum verfolgt mehrere Ziele: Forschung über NBIA fördern; betroffene Familien emotional stützen; die Krankheit der Öffentlichkeit ins Bewußtsein bringen; die Kenntnisse über die Krankheit, wo immer nötig, verbessern; die Gründung eines spezialisierte Zentrums für das NBIA-Syndrom erwirken. Im November 2006 organisierte Hoffnungsbaum die Dritte Deutsche NBIA Familien-Konferenz, an der 11 Familien teilnahmen. „Die Eltern konnten ihre Erfahrungen austauschen und die Kinder hatten eine Menge Spaß. Und für die Biobank der American NBIA Disorders Association haben wir Blutproben gesammelt,“ erinnert sich Angelika. Diese Biobank wurde 2003 dank einer Spende von $50,000 errichtet und ist jetzt Mitglied der Genetic Alliance BioBank. „Auf europäischer Ebene gibt es kein Netzwerk von NBIA-Patientengruppen. Deswegen können wir leider nicht viel tun, wenn außerhalb Deutschlands lebende Patienten sich an uns wenden. Ich denke aber auch, daß jedes Land seine eigene NBIA-Patientenorganisation haben sollte“, sagt Angelika. Die nächste Gelegenheit für NBIA-Familien aus aller Welt, sich zu treffen und Erfahrungen auszutauschen, ist die Vierte Internationale Familienkonferenz, die am 4.-6. Mai 2007 in Cincinnati, Ohio, USA stattfinden wird. Organisator des Treffens ist die American NBIA Disorders Association.

Dietmar erhielt im Mai 2006 Tiefe Hirnstimulation (DBS). Seither hat seine Dystonie abgenommen. Diese Dystonie, mit schmerzhaften und anhaltenden Muskelkrämpfen, ist ein häufiges Symptom der Krankheit. Bevor er DBS erhielt, mußte Dietmar immer flach liegen. Selbst das Sitzen im Rollstuhl war wegen der Muskelkrämpfe sehr schmerzhaft und ermüdend. „Wir wissen, daß der Fortschritt evtl. nur vorübergehend ist, aber wir machen das Beste daraus“, sagt Angelika. „Dietmar hat weniger Schmerzen, er kann aufrecht sitzen und ohne Hilfe essen. Wir essen jetzt wieder gemeinsam am gleichen Tisch, das war schon seit vier Jahren nicht mehr möglich gewesen. Vor kurzem hat Hoffnungsbaum e.V. beschlossen, eine retrospektive Studie über die Wirkungen der Tiefenhirnstimulation bei NBIA-Patienten zu unterstützen. Die Patientenorganisation wird ein Stipendium in Höhe von 15.000 USD an Dr. Lars Timmermann als Leiter der Studie, jetzt Klinik für Stereotaxie und Funktionelle Neurochirurgie an der Universitätsklinik zu Köln, vergeben.

 

RareConnectOnline-Gemeinschaften für Patienten mit seltenen Krankheiten
 

 

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