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November 2014

Leben mit hypertropher mitochondrialer Kardiomyopathie


Tristan und Lily

Tristan und Lily gewannen 2013 den zweiten Preis im EURORDIS-Fotowettbewerb

1996 wurde unsere Marie geboren und wir freuten uns auf ein normales glückliches Familienleben. Im Alter von sechs Monaten hatte Marie allerdings beunruhigende Symptome, vor allem schwere Probleme mit der Lebensmittelaufnahme. Unser Kinderarzt verwies uns an das Necker-Kinderkrankenhaus in Paris und damit kamen unsere Ängste zum ersten Mal richtig auf.

Nach vielen Untersuchungen erhielten wir die Diagnose: Marie hatte eine sehr seltene Erkrankung, die die Zellen der Atmungskette beeinträchtigte. Das für diese Krankheit verantwortliche Gen war noch unbekannt und die Wahrscheinlichkeit, ein Heilmittel zu finden, sehr gering.

Trotz dieser schlechten Nachrichten waren wir voller Hoffnung und konnten uns nicht vorstellen, dass das Schlimmste für Marie eintreffen würde. Wir liebten sie über alles und verbargen unsere wachsende Sorge während der monatelangen stationären Behandlung und der zunehmend mehr häuslichen Pflege. Leider starb Marie trotz ihrer enormen Courage und ihres Lebenswillens an Herzstillstand in den Armen ihres Vaters im Januar 1998 im Alter von 17 Monaten.

Es war sehr schwer für uns, dieses Ereignis zu verkraften, aber wir konnten uns ein Leben ohne Kinder nicht vorstellen. Nach einigen Monaten forderten wir unser Schicksal heraus. Wir wendeten uns erneut an das Necker-Krankenhaus, um mehr über unsere Chancen, ein weiteres Kind zu haben, herauszufinden.

Nach einigen Terminen wurde einer neuen Schwangerschaft unter der Annahme, dass die Krankheit während der vorgeburtlichen Untersuchungen erkannt werden würde, zugestimmt. So ergriffen wir diese Chance und waren im Juli 1998 wieder schwanger. Nach einer Biopsie und drei Amniozentesen
bestätigte das Krankenhaus, dass wir unser Kind, das allen Befunden die Krankheit nicht hatte, behalten konnten.

Im März 1999 wurde Noemie geboren und erfüllte uns mit Freude. Noemie ersetzte auf keinem Fall ihre Schwester Marie, die einen besonderen Platz in unserem Herzen hat. Es war der Anfang eines neuen Lebens. Alles lief normal und ohne Vorkommnisse. Bis wir ins Krankenhaus gingen, um Noemie im Alter von 10 Monaten dem Professor und seinen Mitarbeitern, die uns auf unserer bisherigen Reise begleiteten, vorzustellen.

An diesem Tag lief leider nichts nach Plan. Wir waren glücklich, als sich die Bürotür des Professors öffnete, denn wir wollten ihm danken und stolz unsere kleine Noemie präsentieren. Wir saßen in seinem Büro und begannen über Noemie zu sprechen, ihre Entwicklung, ihre Essgewohnheiten, als der Professor Folgendes sagte: „Was ich sehe, macht mir Bedenken. Würden Sie einer Herzechografie an Noemie zustimmen?“ Wir stimmten natürlich zu. Eine Stunde später erhielten wir erneut die Diagnose: Noemie hatte die gleiche Krankheit wie Marie.

Alles um uns herum zerbrach. Wir hatten nur eine Frage, die uns unablässig beschäftigte: Warum?

Trotz all der Untersuchungen während der Schwangerschaft wurde die Krankheit nicht erkannt. Das verantwortliche Gen überlistete uns alle – einschließlich einiger der größten genetischen Forscher in Frankreich. Dieser erneute Schlag war schwer. Dennoch versuchten wir so gut wir konnten, die Hoffnung nicht zu verlieren. Im Juni 2000 waren wir im Necker-Krankenhaus für ein Herztransplantat als Versuch, Noemie zu retten. Aber während der Voruntersuchungen zur Implantation hörte, zu unserer größten Verzweiflung, das Herz unseres kleinen Mädchens auf zu schlagen.

An diesem Tag entschieden wir, dass wir keine Kinder mehr haben wollten. Aber wir rechneten nicht mit dem berüchtigten „Schicksal“.

Um Juni 2007 wurde Séverine trotz Verhütung wieder schwanger. Wir fragten uns, was wir tun sollten. Während des ersten Ultraschalls entdeckten wir, dass es Zwillinge waren. Zwillinge? Warum wir? War es eine Rechtfertigung des Lebens unserer gestorbenen Kinder?

Und wieder gingen wir zum Necker-Krankenhaus und besprachen die Fortschritte der genetischen Forschung zu dieser Krankheit. Der Professor informierte uns, dass er das für Maries und Noemies Tod verantwortliche Gen noch nicht entdeckt hatte. Er dachte aber genauso wie wir, dass es eine süße Rache am Leben wäre, diese Schwangerschaft mit dem Wissen, dass dieses Mal die Statistik auf unserer Seite war, fortzusetzen. Bei Zwillingen war die Wahrscheinlichkeit eins in 16, dass unsere zwei Kinder die Krankheit hatten. Das war eine fast 94-prozentige Chance, dass alle gut gehen könnte.

So brachen wir die Schwangerschaft nicht ab und drückten die Daumen, dass das Schicksal unsere Familie nicht wieder treffen würde. Tristan und Lily wurden am 29. Januar 2008 geboren.

Was als Nächstes passierte … können Sie sich wahrscheinlich bereits denken. Entgegen all unseren Erwartungen und zu unserer größten Freude haben Lily und Tristan unglaublich viel Kraft und Lebenswillen und kämpfen gegen ihre Krankheit.

Obwohl das MRPL3-Gen Ende 2011 vom Necker-Forschungsteam und INSERM, der französischen Forschungs- und Entwicklungseinrichtung, entdeckt wurde, bleibt die Krankheit schwer definierbar. Die Entdeckung der MRPL3-Genmutation ändert im Moment für uns noch nichts, es sei denn, wir wollten noch ein Kind, wenn es möglich ist, die Krankheit während der Schwangerschaft zu erkennen. Ansonsten ist das Verständnis zur Funktionsweise dieses Gens noch sehr unvollständig.

2014 sind weltweit nur vier Fälle der MRPL3 Genmutation und der Krankheit bekannt. Dies erscheint uns völlig unwirklich, aber es ist eine Tatsache.

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Louise Taylor, Communications and Development Writer, EURORDIS
Übersetzer: Peggy Strachan

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