Friedreich-Ataxie
MIT EINER SELTENEN KRANKHEIT LEBEN
Die Friedreich-Ataxie ist eine vererbte, fortschreitende Erkrankung des zentralen Nervensystems mit Symptomen wie Unbeholfenheit, Gleichgewichts- und Koordinationsstörungen und zunehmend verwaschener Sprache. Als Helen 12 war, fingen bei ihr Rückenschmerzen an und sie suchte wegen ihrer Skoliose einen Orthopäden auf. Er empfahl zwei Operationen des Rückens, die beide 6 Stunden dauern. Zwischen den beiden Operationen kam mir die Befürchtung, bei Helen könne etwas ganz anderes vorliegen, aber der orthopädische Arzt zerstreute alle meine Bedenken“, erinnert sich Mary Kearney, die Mutter von Helen und Brona. Acht Monate nach der Operation traten bei Helen schwere Schmerzen in der linken Schulter auf. Ein Physiotherapeut diagnostizierte Gelenkprobleme. “Mir war aber schon aufgefallen, dass Helen Probleme mit ihrer Koordination hat. So ging ich im Juni 2002 mit ihr zu einem Neurologen, und der diagnostizierte eine Friedreich-Ataxie. Ich war sehr aufgewühlt, erinnere mich aber, dass ich versuchte, trotzdem optimistisch zu sein. Also sagte ich Helen, dass sie sicherlich bis zu ihrem 40. Jahr keinen Rollstuhl benötigen würde“, erzählt Mary Kearney. Aber Helen war klar, dass sie schon lange vorher rollstuhlpflichtig sein würde. Ich war nur ein kleiner Teenager, aber ich wusste, dass es eine ernste Krankheit ist, und ich fühlte mich schlecht. Die Schmerzen nahmen zu und so traten Pickel-Sorgen immer mehr in den Hintergrund“, sagt Helen. Sie ist jetzt 18 Jahre alt.
Da es sich um eine genetische Krankheit handelt, wusste Mary, dass auch ihre beiden anderen Kinder, John und Brona, ein Risiko haben. Im Sommer nach Helens Diagnose wurden die Geschwister getestet, Bronas Test war positiv, Johns negativ. Ich war überrascht, weil meine Balance damals besser als die von Helen schien. Ich war nicht erschrocken, weil ich gar nicht wusste, was das alles bedeutet. Erst etwa zwei Jahre später brach es über mich herein, und ich wurde sehr traurig“, erinnert sich Brona. Sie ist jetzt 15 Jahre alt.
Mary ist berufstätige Mutter und seit 2004 Sekretärin bei Euro-Ataxia. Nach der Diagnose ihrer beiden Töchter dachten sie und ihr Mann, Michael, daran, ihre Arbeit im Beruf zu reduzieren. Es war mir aber wichtig, dass meine Kinder nicht den Eindruck gewinnen, ihre Behinderung wäre Ursache für Veränderungen in meinem Leben. Michael fragte Brona und Helen, was sie davon hielten, wenn er aufhörte zu arbeiten. Sofort kam die Reaktion Aber wer zahlt dann unser Pferdereiten?‘ So behielten wir unsere Jobs und versuchten, alles so zu lassen wie bisher“, sagt Mary.
Die beiden Mädchen führen ein Leben, das so normal wie möglich ist. Helen macht das Gehen im Dunkeln Schwierigkeiten, oder wenn sie müde ist, aber sie kann ganz allein auf ihr weisses Pony Robin aufsitzen. Ihr Lehrer sagte ihr, dass sie in ihrer Altergruppe eine Spitzenposition im Dressurreiten und im Schauspringen erreicht hat.‘ Brona fand, dass ihr das Reiten nach ihrer Rückenoperation jetzt etwas schwerer fällt, aber sie denkt, dass es für Menschen mit Friedreich-Ataxie ganz wichtig ist, aktiv zu bleiben. Am meisten interessieren mich Jagd, Ausdauerreiten, Trekking und Querfeldeinreiten. Die Schule ist OK, ich kann zusammen mit allen anderen umherspazieren. Das einzige Problem ist nur, dass ich mit ihnen keinen Sport machen kann, weil ich nicht so aktiv und so schnell bin wie meine Klassenkameraden“, erklärt Brona.
Helen benutzt immer Robin, ihr weißes Pony, um über ihre Krankheit zu sprechen: Ich fürchte mich nicht vor einem tödlichen Sturz. Ich will nicht mein Leben in der Furcht verbringen, ich könnte von meinem Pferd fallen. Robin ist sanft, und selbst wenn ich herunterfalle, ist er noch niemals fortgelaufen. Er passt auf mich auf.“
Dieser Beitrag erschien in der Oktoberausgabe 2007 unseres Rundbriefs.
Autor: Nathacha Appanah
Übersetzer: Ulrich Langenbeck
Fotos: © Eurordis/Kearney