Ein Leben mit CDG: Zwei Geschichten, eine gemeinsame Hoffnung
Liliana wurde 1981 geboren und eine zerebrale Lähmung wurde bereits früh bei ihr festgestellt. Bei einem ihrer zahlreichen Besuche in der Notfallaufnahme schaute sich ein Kinderneurologe das Gesamtspektrum der Symptome Lilianas etwas genauer an: fehlende Augenkoordination, schlaffer Muskeltonus, Entwicklungsverzögerung, Probleme bei der Nahrungsaufnahme, ständiges Erbrechen, Hohlwarzen, hohes Fieber, unerklärte Bewusstlosigkeitsepisoden, usw., und er ging der Sache nach.
„Ihre Bluttestergebnisse zeigten, dass sie CDG Typ 1 hatte. Meine Tochter war 16 Jahre alt. Wir lebten in Lissabon und sie war der erste gemeldete Fall in Portugal“, sagt Rosalia.
MP wurde 2009 geboren und sechs Monate später in seiner Heimatstadt Madrid mit CDG diagnostiziert. „Natürlich hatten wir Angst“, sagte Sandra, die Mutter von MP. „Wir fanden nur wenig im Internet und das Krankenhaus bot uns auch nicht viel Unterstützung. Keiner wusste über CDG Bescheid und unsere Fragen blieben unbeantwortet. Wir erfuhren, was es bedeutet, eine ’seltene‘ Familie zu sein.“ 27 Jahre zuvor hatte es auch für Rosalia keine Unterstützung gegeben. Hinzu kam, dass es wissenschaftliche Informationen fast nur auf Englisch gab, und ihre Englischkenntnisse waren unzureichend. „Ich fühlte mich richtig isoliert „, sagt Lilianas Mutter.
Congenital Disorders of Glycosylation (CDG) ist eine Gruppe an genetisch-bedingten Stoffwechseldefekten, die die Glykosylierung beeinträchtigen. Alle menschlichen Zellen bilden lange Zuckerketten, welche sich mit Proteinen verknüpfen. Dieser Vorgang wird Glykosylierung genannt. Die Protein-Zucker-Verknüpfungen selbst werden Glykoproteine genannt. Diese Glykoproteine führen im menschlichen Körper viele wichtige Funktionen aus und werden für das normale Wachstum und das normale Funktionieren aller Gewebe und Organe benötigt. CDG ist eine sehr seltene Krankheit. Die geschätzte Prävalenz liegt zwischen 1/50 000 and 1/100 000.
Sandra fand den Spanischen CDG Verband , welcher zusammen mit dem Portugiesischen CDG Verband Tagungen, Konferenzen und Aufklärungsprogramme über CDG organisiert. „Sie haben uns sehr geholfen und wir haben andere Familien, die Ähnliches erlebten, kennengelernt.“ Sandra ist Architektin, allerdings musste sie mit MPs Diagnose ihren geliebten Beruf aufgeben. „MP hat jede Woche so viele Arzt- und Therapietermine, dass ich aufhören musste zu arbeiten. Er hat jede Woche mindestens vier Reha-Termine (mindestens 2 Stunden am Tag), und dann muss ich ihn zur Schule bringen. Wenn ich nach Hause komme, bleiben mir gerade mal vier Stunden zum Putzen, Kochen und Einkaufen und für den ständigen Papierkrieg, um einen Sonderschulplatz zu ergattern oder Gelder zur Gesundheitsvorsorge und Familienhilfe zu bekommen.
Dann hole ich ihn wieder von der Schule ab. Und wenn wir wieder zurück zu Hause sind, helfe ich ihm bei seinen Übungen, die der Therapeut ihm verschrieben hat. Abends bin ich völlig erschöpft und daheim kriege ich nicht viel Hilfe. Ich bin Architektin. Ich liebe meinen Beruf und vermisse meine Arbeit sehr! Im Moment ist es einfach unmöglich, eine Stelle zu finden. Ich habe keinen normalen Tagesablauf mehr und es ist ja auch ganz wichtig, sich für MPs besondere Bedürfnisse einzusetzen. Es ist schwer, eine finanzielle Zukunft zu planen, wenn man in einem Land lebt, das in einer großen finanziellen Krise steckt.”
Auch Rosalia musste ihre Träume zurückstellen. „Ich war 22, als Liliana geboren wurde und hatte noch viele Träume! Aber meine Tochter war immerzu krank, und ich konnte meinen Ambitionen nicht nachgehen. Ich hatte sogar versucht, einen Teilzeitjob zu finden, aber ohne Erfolg“, erinnert sich Rosalia. Das tägliche Leben mit einer erwachsenen Liliana ist immer noch nicht einfach. „Die Krankheit meiner Tochter bestimmt alles. Wir haben versucht, mit Sondereinbauten das Haus soweit wie möglich für meine Tochter anzupassen, da sie einen Rollstuhl braucht. Aber das kostet sehr viel Geld und wir können es uns nicht leisten, das Haus optimal für Liliana einzurichten.“ Lilianas Schwester, Vanessa Ferreira, ist jetzt Präsidentin des portugiesischen CDG Verbands. „Vanessa unterstützt ihre Schwester und mich in allen Aspekten des Lebens sehr. Liliana ist sehr mutig und akzeptiert ihre Krankheit sehr tapfer. Ich bin sehr stolz auf sie!“ Als wir sie nach ihren Hoffnungen für die Zukunft fragten, antworteten beide Mütter eindeutig: „Behandlung und Heilung für CDG-Patienten!“
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CDG Familiengeschichte, die Niederlande: www.tijmenholten.com / cdgpatient.blogspot.com
Online-Gemeinschaften für Patienten mit seltenen Krankheiten
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Dieser Artikel wurde zuerst in der Oktober 2011 -Ausgabe des EURORDIS-Newsletter veröffentlicht.
Autor: Nathacha Appanah
Übersetzer: Peggy Strachan & Renate Fitzroy
Fotos: © Vanessa Ferreira